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Starkniederschlage

3-02-6 Starkniederschlag

Trends der mittleren Niederschlagssummen und der Starkniederschläge im Alpenraum zeigen ein räumlich sehr variables Bild.

Vermehrte Starkniederschläge?

Starkniederschläge setzen eine bestimmte Kombination von Intensität und Dauer des Niederschlags voraus: Hohe Niederschlagsmengen innerhalb relativ kurzer Zeit. Aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten – eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf aufnehmen – ist wegen des Klimawandels mit einer höheren Niederschlagsintensität zu rechnen. Doch ist das auch wirklich der Fall?

Starkniederschläge lassen sich in flächige und kleinräumige Ereignisse unterteilen. Flächige Starkniederschläge werden durch Tiefdruckgebiete oder Staueffekte an Gebirgen ausgelöst (oft auch in Kombination) und können über das ganze Jahr hinweg beobachtet werden. Konvektion ist dagegen der Auslöser für kleinräumige Starkniederschläge in Form von Schauern und Gewittern, diese kommen daher hauptsächlich während des Sommerhalbjahres (April bis September) vor.

Der flächige Niederschlags-Beobachtungsdatensatz Spartacus der GeoSphere Austria erlaubt eine Analyse täglicher Niederschläge hinsichtlich der Trends flächiger Starkniederschläge für den Zeitraum seit 1961, gemittelt über das ganze Bundesgebiet (Abb.1). Auffälligstes Signal ist in diesem Zeitraum eine Abnahme der Häufigkeit von schwachen oder moderaten Tagesniederschlägen und die Zunahme starker bis extremer Tagesniederschläge. Bei insgesamt annähernd gleichbleibenden Jahressummen hat sich das Spektrum also zu tendenziell weniger, dafür aber intensiveren Niederschlagsereignissen verschoben. Diese Signale werden allerdings von ausgeprägten räumlichen und saisonalen Schwankungen überlagert, sodass die Trends uneinheitlich und überwiegend nicht statistisch signifikant sind. Eine Analyse von Stationsdaten die weiter in die Vergangenheit zurückreichen (bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts) hat außerdem ergeben, dass die Starkniederschlagsentwicklung großen dekadischen Schwankungen unterworfen ist. Diese und die regionalen Unterschiede lassen sich durch Schwankungen in der Häufigkeit bestimmter Wetterlagen erklären, die das Trendsignal durch den Klimawandel zumindest bisher noch übersteigen.

Änderung der Häufigkeit von Niederschlagstagen unterschiedlicher Intensität in Österreich

Abb. 1: Änderung der Häufigkeit von Niederschlagstagen unterschiedlicher Intensität in Österreich. Dargestellt sind prozentuelle Änderungen in der Anzahl von Tagen je Niederschlagsklasse (Klassengrenzen: Perzentile auf Basis eines gegitterten Tagesniederschlags-Datensatzes (1 km x 1 km) für 1971 bis 2000). Vergleichszeiträume: 1961-1985 und 1986-2010 (Chimani u.a. 2016).

Aussagen über Trends kleinräumiger Starkniederschläge werden sowohl durch die oft zu geringe räumliche Dichte konventioneller meteorologischer Messnetze als auch durch den noch nicht ausreichend langen Zeitraum automatischer, zeitlich hochauflösender Messungen (maximal bis Ende der 1980er-Jahre zurück) erschwert. Allerdings konnte nun durch die Zusammenführung der Messdaten von der GeoSphere Austria und neu digitalisierter Daten der Hydrographischen Dienste der Bundesländer eine Studie zusammengestellt werden, die die Entwicklung der stündlichen Starkniederschläge seit den 1940ern zeigt. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass kurzfristige Starkniederschläge seit den 1980ern um 15% zugenommen haben (Abbildung 2).

Änderung stündlichen Starkniederschläge und der Lufttemperatur in Österreich

Abb. 2: Zeitlicher Verlauf der stündlichen Starkniederschläge und der Lufttemperatur (21-jährig gleitend gemittelt) auf Basis von Stationsdaten der GeoSphere Austria und den Hydrographischen Diensten der Bundesländer. Die abgebildeten Anomalien beziehen sich auf den Zeitraum 1981-2010. (Haslinger et al. 2025).

Wärmere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kältere; im typischen Temperaturbereich der Atmosphäre beträgt diese Zunahme etwa 7% pro °C Temperaturanstieg. Dieser physikalische Zusammenhang bedingt, dass wärmere Luft auch zur Bildung intensiverer Niederschläge fähig ist. Mittlerweile konnte in einer Studie für Österreich nachgewiesen werden, dass die Temperaturzunahme in direktem Zusammenhang mit einem Anstieg der kurzfristigen Starkniederschläge in den letzten Jahrzehnten steht (Abbildung 2). Die Temperaturzunahme von ca. 2°C wird begleitet von einem Anstieg der stündlichen Starkniederschläge von etwa 15%, also in etwa dem was man aus den physikalischen Gesetzmäßigkeiten erwarten würde. Bei den Starkniederschlägen auf Tagesbasis ist der Zusammenhang nicht so stark ausgeprägt. Hier spielt weniger die lokale Temperatur als vielmehr die vorherrschende Wetterlage und Zugbahn eines Tiefdrucksystems eine entscheidende Rolle. Vor allem die „Vb“ Zugbahn (gesprochen Fünf-B) ist bekannt dafür sehr intensive Niederschläge an der Alpennordseite zu verursachen. Dabei verlagern sich Tiefdrucksysteme vom westlichen Mittelmeer in nordöstlicher Richtung über den Alpenostrand hin Richtung Polen. Obwohl nur vergleichsweise wenige Tiefdrucksysteme (5%), welche über die obigen Länder ziehen, ebensolche Vb-Tiefs sind, sind sie für 45% der extremen Tagesniederschlagssummen in Österreich und der Tschechischen Republik verantwortlich. Die Zahl der Vb-Wetterlagen schwankt stark und es gibt in den letzten Jahrzehnten keinen eindeutigen Trend im Auftreten von Vb-Wetterlagen. Die 1960er-Jahre brachten überdurchschnittlich viele Wetterlagen dieser Art, die frühen 1990er sehr wenige, aber abseits davon blieb die Zahl bis heute relativ konstant. Allerdings hat die Niederschlagsmenge bei den stärksten 50 Vb Ereignissen der letzten 60 Jahre um ca. 20% zugenommen.

Weitere Fakten zu diesem Thema siehe Artikel „Hochwasser“.

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